Objekt des Monats April

Treibscheibe 1965

In Zeiten, in denen mehr oder weniger alles still zu stehen scheint, sind Nachrichten von Entwicklung, Weitermachen und Aufbau sicher eine willkommene Abwechslung. Aus diesem Grund hat das Objekt des Monats April auch etwas mit Bewegung zu tun.

Die Treibscheibe, welche als Großexponat bis dato auf dem Gelände des Bergbaumuseums immer den Platz vor dem Gebäude der Dampffördermaschine ausfüllte, hat sich bewegt. Natürlich kamen hierbei nicht etwa die Sammlungsmitarbeiter in weißen Handschuhen zum Einsatz. Für das Tonnen schwere Sammlungsstück waren schwerere Geschütze notwendig.

So sah es vorletzte Woche für das unwissende Auge auf dem Gelände des Bergbaumuseums sicher nach einem verheerenden Unfall aus. Die Treibscheibe, welche in der Weihnachtszeit immer mit einem Schwibbogen geschmückt war, lag in den Trümmern ihres Sockels auf der Seite. Was auf dem Bild sehr dramatisch wirkt, hatte natürlich alles seine Ordnung und war genauso geplant. Im Zuge der umfangreichen Erneuerungsmaßnahmen im Bergbaumuseum bis 2023, werden auch einige Veränderungen im Außengelände notwendig. Der zwischen Dampffördermaschinenhaus und Umformerhalle neu entstehende Eingangsbereich des Museums machte eine Versetzung der Treibscheibe erforderlich. Diese war am 15. August 1985 in zwei Teilen am jetzigen Standort aufgestellt, zur Sicherung mit Zement ausgegossen und in der Folge gestrichen worden. Es handelte sich dabei um ein Ersatzteil des ehemaligen VEB Steinkohlenwerk Oelsnitz (Erzgeb.) Die erst 1965, also nur wenige Jahre vor der Stilllegung, angeschaffte Treibscheibe ist als recht großes Ersatzteil für die Turmfördermaschine des Karl-Liebknecht-Schachtes beschafft worden. Dass es nicht zum Austausch kam, versetzt das Museum heute in die günstige Lage, sowohl die originale Treibscheibe von 1923 im Turm, als auch ein um Jahrzehnte jüngeres, und damit technische Veränderungen deutlich machendes Stück zeigen zu können. In Vorbereitung der Eröffnung des Bergbaumuseums wurde der Ersatz als Großexponat auf dem neuen Museumsgelände platziert.

Die Treibscheibe oder auch Koepe-Scheibe, nach ihrem Erfinder Carl Friedrich Koepe (1835-1922) benannt, dient zur Führung des Förderseils innerhalb einer Förderanlage. Die Erfindung Koepe‘s Ende der 1870er Jahre sorgte für eine enorme Vereinfachung in der Material- und Personenförderung und ist noch heute fester Bestandteil von Förderanlagen. Das für den Monat April ausgewählte Objekt stammte aus den Produktionshallen des VEB Schwermaschinenbau NOBAS in Nordhausen, wie aus den Archivunterlagen des Museums hervorgeht. Außerdem fanden sich in genannten Unterlagen Bilder und Notizen zu einem Unfall, der sich nur weniger Wochen vor dem Umsetzen der Treibscheibe an gleicher Stelle zugetragen hatte. Denn das Bewegen eines an die 15 Tonnen schweren und 6 Meter im Durchmesser messenden Sammlungsstückes muss nicht in jedem Fall gut ausgehen. Im Juli 1985 war eine weitere auf dem Museumsgelände gelagerte Treibscheibe versetzt worden. Dabei hatte man das Gewicht des Stückes, welches ehemals Teil der Vier-Seilanlage auf Martin-Hoop-Schacht IVa gewesen war, unterschätzt. Der eingesetzte Lkw des Typs W 50 mit Kranaufbau war dabei umgekippt. Es entstand jedoch kein Personenschaden.

Das nächste Großprojekt im Museum wird nun die Umsetzung der Treibscheibe an ihren finalen Bestimmungsort im Außengelände, wo sie im neue gestalteten Außengelände des wiedereröffnenden Bergbaumuseums zu sehen sein wird.

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