Foto: Heino Neuber

Objekt des Monats August

Lithografie „Windbergbahn im Plauenschen Grunde“

1860

Mit der Bahn durch ein Gebirge fahren – ein Szenario, das für uns selbstverständlich erscheint. Dies ist in Deutschland jedoch erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts möglich. Denn 1857 nahm in Sachsen die erste deutsche Gebirgsbahn, die Hänichener Kohlenzweigbahn - auch Windbergbahn oder Sächsische Semmerlingbahn genannt - ihren Betrieb auf. Sie diente zunächst zum Transport von Steinkohle. Ihr Streckenverlauf ist auf dem Objekt des Monats zu sehen. Die Lithographie stammt aus der Schriftgutsammlung des Bergbaumuseums Oelsnitz/Erzgebirge.

Bereits seit dem 16. Jahrhundert wurde im Döhlener Becken Steinkohle abgebaut. Im 19. Jahrhundert kam es zu einem erhöhten Bedarf und Abbau des Rohstoffs. Der Transport war mühsam. Denn die „schwarzen Diamanten“ mussten mittels Fuhrwerken auf engen, unebenen und steinigen Wegen zu den Abnehmern gebracht werden. Deswegen kam seitens der Besitzer der Steinkohlenwerke die Forderung nach einer Bahnverbindung auf. 1855 war es so weit: Die private Albertsbahn ging zwischen Dresden und Tharandt in Betrieb. Allerdings konnten durch sie nicht alle Steinkohlenwerke im Döhlener Becken bedient werden. Daher wurden Zweigbahnen gebaut. Eine davon war die Hänichener Kohlenzweigbahn, die ab 1857 auf den Windberg fuhr. Die Bahn diente vor allem zum Transport der Steinkohle und der für den Bergbau benötigten Materialien.

Mit ihr wurden aber nicht nur Waren befördert: Da am Sonntag kein Kohletransport stattfand, wurden an diesem Tag Ausflugsfahrten veranstaltet, bis das Bahnunternehmen Ende der 1860er Jahre vom Staat gekauft wurde und der Personenverkehr kurz darauf aufgrund von mangelnder Sicherheit eingestellt wurde. Das änderte sich einige Jahrzehnte später wieder, denn die Steinkohlenförderung ging in diesem Gebiet stark zurück. Deshalb wurde die Bahnstrecke 1907 für den Güter- und Personenverkehr umgebaut und bis Possendorf erweitert. Aufgrund der Aussicht war sie ein beliebtes Ausflugsziel. Ab 1957 wurde die Personenbeförderung zugunsten des Kohletransports der neuen Schächte in Gittersee erneut eingestellt. Der Bergbau endete 1989. Vier Jahre später wurde auch der Gütertransport eingestellt und damit die Bahnstrecke stillgelegt.

Auf dem Objekt des Monats ist der Streckenverlauf der Sächsischen Semmerlingbahn abgebildet. Die Lithografie stammt aus der Zeitschrift „Sachsengrün“. Diese Publikation ist nur in den Jahren 1860/61 erschienen. In der Ausgabe vom 15. November 1860 wurde ein Artikel über die Albertsbahn und ihrer Zweigbahnen veröffentlicht und das Objekt des Monats beigelegt. Oberingenieur Guido Brescius (1824 – 1864) zeichnete die Vorlage für die Lithografie. Er war von 1853 bis 1864 in verschiedenen Positionen, zuletzt als Direktor, bei der Alberts-Bahn-AG angestellt. Seinen Planungs- und Konstruktionsleistungen ist es zu verdanken, dass die erste deutsche Gebirgsbahn gebaut und in Betrieb genommen werden konnte.  

Die Lithografie ist eines von mehreren tausend Stücken aus der Schriftgutsammlung des Bergbaumuseums. Dieser Bestand enthält Akten, Urkunden, Dokumente, Karten, Pläne und Grubenrisse zum sächsischen Steinkohlenbergbau und dessen Folgeindustrie. Zudem beinhaltet sie auch Dokumente und Unterlagen ehemaliger Beschäftigter des Steinkohlenbergbaus, zum Teil auch ganze Nachlässe im Sinne einer Erwerbsbiografie. Vor allem hinsichtlich dieser persönlichen Zeitzeugnisse wird die Sammlung auch künftig erweitert werden.

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