Foto: Bergbaumuseum

Objekt des Monats Juni

Bemalter Holzvogel

Die Erforschung und Recherche zum Objekt des Monats wurde für Juni in andere Hände gegeben. Der Schüler Marc Walter war in der Woche vom 13. bis einschließlich 17. Mai als Praktikant im Bergbaumuseum Oelsnitz/Erzgebirge. Für das in der achten Klasse vorgeschriebene Schülerpraktikum entschied sich der Oelsnitzer einmal hinter die Kulissen zu schauen, um zu sehen was im Museum passiert, wenn die Pforten geschlossen sind. So unterstützte der 8-Klässler unter anderem die Verwaltungsabteilung beim Sortieren und Archivieren von Unterlagen, begleitete die Mitarbeiter der Haustechnik bei ihren täglich anfallenden Aufgaben auf dem gesamten Museumsgelände und bekam dann von der Museumspädagogin Frau Johne die Aufgabe das Objekt des Monats Juni zu bearbeiten.

Zunächst nahm Marc das Inventarbuch, eines der wichtigsten Nachweisdokumente einer Sammlung, unter die Lupe. Darin kann man beispielsweise Informationen dazu finden, wie und wann das Objekt ins Museum gelangte. Das ausgewählte Stück gehört zum Sammlungsbereich Volkskunst und Kunsthandwerk und kam 2015 durch den Sohn eines ehemaligen Bergmanns in die Sammlung. Das recht filigrane kleine Kunstwerk mutet mit seiner bunten Bemalung beinahe etwas indianisch an. Jedoch ist der eigentliche Hintergrund ein ganz anderer, wie Marc herausfand und in seinen Aufzeichnungen vermerkte: „Es handelt sich hierbei um einen gebastelten Vogel eines sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem 2. Weltkrieg. Der Vogel ist mindestens 74 Jahre alt und hat die Maße von 185 x 140 x 55mm. Er besteht ausschließlich aus Holz und hat einen eher gelblichen Körper. Die Flügel bestehen aus vielen pfeilähnlichen kleinen Teilen. Er besitzt einen roten Schnabel und rote Augen. Er wurde „vor längerer Zeit“ mit Wasserfarbe neu angemalt, da die ursprünglichen Farben viel matter waren, dafür wurden vermutlich Pflanzensäfte genutzt.“

Das Objekt und weitere ähnliche Stücke der Sammlung wurden in der Zeit des Zweiten Weltkrieges hier im Lugau-Oelsnitzer Revier von Osteuropäischen, meist sowjetischen, Zwangsarbeitern gefertigt. Für sie war es die Möglichkeit durch Tausch etwas mehr Essen zu bekommen. Manche Zwangsarbeiter verschenkten kleine Kunstwerke, wie dieses, um sich zu bedanken, wenn sie von Menschen aus der Bevölkerung Hilfe oder Unterstützung erhalten hatten. Eine wichtige Informationsquelle zum Thema war für Marc die Lugauerin Hannelore Daninger. Sie begann bereits in den 1980er Jahren zur Thematik der Zwangsarbeiter in hiesigen Bergwerken zu forschen und verweist immer wieder auf die Gefahr, in welcher sich diejenigen befanden, die Menschen, wie dem Schöpfer des Objekts des Monats, halfen. Selbst den Bergleuten, die untertage mit den ausländischen Kumpel zusammen arbeiteten, war es verboten mit diesen zu sprechen. Nicht nur diese harten Regelungen lassen vermuten, dass die Zwangsarbeiter hier unter sehr schlechten Bedingungen litten. Die harte Arbeit, zu wenig Nahrung und teilweise unzumutbare Unterbringungen führten dazu, dass „viele unter typischen Erkrankungen wie z.B. Tuberkulose, Magen- und Darmkrankheiten, Zahnerkrankungen, Erkältungskrankheiten, Furunkulose, Hungertyphus und Unterernährung litten“, wie Marc schrieb.

Somit entpuppte sich das Objekt des Monats Juni als ein vielschichtiges und äußerst interessantes Exponat für den Museumspraktikanten. In der neuen Dauerausstellung wird das Thema der Zwangsarbeiter im sächsischen Steinkohlenbergbau im Bereich Zweiter Weltkrieg eingebettet und das Objekt des Monats darin zu sehen sein.

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